Das erste Mal für eine lange Zeit weg von meiner Familie, Freunden und vor allem meinem Zuhause. Gedanken, die schnell diese Entscheidung zu gehen oder nicht zunichte machen können. Über 1000 Kilometer weg von meinem Heimatland und das für ganze 8 Wochen. Stellte sich heraus, bis jetzt war es eine der besten Entscheidungen meines Lebens… Ich erzähle euch, warum. Angekommen am Flughafen von Milan Linate nach einer relativ kurzen Flugzeugreise trifft mich zuerst eine Wand der Realisation. So beginnt das Ganze also: „Ab jetzt 8 Wochen vor mir“. Ab diesem Zeitpunkt gab es mehr oder weniger kein Zurück mehr. Gepäck abgeholt, zum Haupteingang, zum Shuttle und los ging es schon. Die allererste Fahrt durch dieses Land. Bis jetzt noch mit den Partnern aus meinem Jahrgang. Nach ein paar Gesprächen im Shuttle merkte ich, den anderen geht es genauso wie mir. Diese Fahrt wird uns für heute die letzte Möglichkeit geben, Gespräche zu führen, denn unsere Gastfamilien warten schon auf uns an unserer neuen Schule, die wir jetzt für 8 Wochen, 5 Tage die Woche, besuchen werden. Die Aufregung wächst mit jedem gefahrenen Kilometer immer mehr. In meinem Fall kannte ich die Familie meiner Austauschpartnerin hier aus Italien leider nicht, was die Aufregung umso mehr verstärkt. Wie werden sie sein? Wie werde ich jetzt für 8 Wochen leben? Angekommen an der Schule sehen wir uns alle nach 7 Monaten endlich wieder. Es hat sich wie eine Ewigkeit angefühlt, nur standen nun bei unseren Partnern auch ihre Eltern. Schnell ein Gruppenfoto und los ging's. Stellte sich heraus, mein Gastvater ist echt nett und ich fühle mich tatsächlich willkommen. Nach ein paar Minuten im Auto löst sich endlich meine Aufregung und sie wandelt sich in Freude um. Allein durch den Blick aus dem Autofenster sehe ich, wie anders es hier ist. Es sieht so wunderschön aus und es fühlt sich echt wohlig an, durch diese engen gepflasterten Straßen, umgeben rechts und links mit hohen betonierten, bunten und den ikonischen Fensterklappen bestückten Hausfassaden, zu fahren. Angekommen in meinem neuen Zuhause werde ich direkt von meiner Gastmutter und meinem Bruder begrüßt. Ich merkte, was für ein Glück ich doch hatte. Alle sind super nett und willkommend. Eingerichtet in meinem eigenen Zimmer, ging es sofort nach draußen in unsere Stadt. Wir treffen uns mit Freunden von meiner Partnerin. Ich war super gespannt, wie sie so sein werden. Ein paar erste Gespräche mit ihnen zeigten mir, dass sie echt lustig und nett sind. Und das Wichtigste war, ich wurde voll und ganz in ihrer Gruppe eingeweiht, akzeptiert und gemocht. Ab diesem Zeitpunkt wusste ich jedoch nicht, welche Wendung diese ersten Gespräche haben werden. Die ersten Wochen gab es viel Regen. Es war einfach nicht die beste Zeit im Jahr, um hierher zu kommen, aber auch das wird sich ändern, stellte sich heraus. Die ersten Wochen waren sehr schön und entspannt. Da wir die ersten 2 Wochen in Deutschland Ferien hatten, konnte ich mich ohne jegliche Schule aus unserem Gymnasium auf dieses Land, die Eindrücke, die Kultur und meinen neuen Alltag gewöhnen und vor allem konzentrieren. Hier ist einiges nicht so, wie wir es bei uns in Deutschland kennen. Moderne, gut ausgestattete und saubere Schulen sind hier nicht selbstverständlich. Das mussten wir an unserer Schule erfahren. Andere Klassendynamik, Lehrer und Gewohnheiten, die sich nach einer kurzen Zeit zu seiner eigenen Gewohnheit entwickeln. Der morgendliche Kaffee aus dem Automaten, die süßen Snacks als Frühstück und die Freistunden in der Cafeteria. Weitere Gewohnheiten im Alltag außerhalb der Schule werden nach einer Zeit auch zur Normalität für mich. Fast jeden Abend geht's raus mit unseren Freunden, was irgendwann darin resultiert, dass ich unseren ganzen Ort auswendig kenne. Am Wochenende Trips in verschiedene Städte, Feiern, mit Freunden die ganze Nacht draußen sein. Insgesamt wurde nach der Zeit alles besser. Die Verbindung zwischen mir und einem Jungen aus unserer Freundesgruppe wurde stärker, das Wetter wurde besser, meine Erfahrungen wurden immer mehr und ich fühlte mich generell immer wohler hier in diesem Land. Jedoch merkte ich, wie sich ein komisches Gefühl in mir entwickelt. Heimweh. Dies ist das erste Mal für mich, dass ich so eine lange Zeit weg von Zuhause bin und allein der Gedanke an mein Zuhause, meinen Freunden, Familie und meiner Schule ist so surreal. Das macht mir Angst. Es ist aber nicht so, dass ich nach Hause will, sondern dass ich mich freue, wenn ich wieder zurückkomme. Alle warten schon auf mich und das fühlt sich schön an. Nun zu diesem Land. Ich habe bereits relativ viele Städte besucht. Milano, Lecco, Como, Merate, Carnate. Eine schöner als die andere. Dazu kommt noch, dass die Stadt, in der unsere Schule ist, auch ziemlich schön ist. Und ich fahre nur 20 Minuten mit dem Zug dorthin. Das Highlight dieses Landes ist jedoch die Mentalität der Menschen und ihr Essen! Hier kümmert sich keiner darum, was du machst, gleichzeitig jedoch kümmert man sich trotzdem umeinander. Heißt im Prinzip, man kann hier machen, was man will (illegales ausgeschlossen natürlich) ohne von seinem Nächsten beurteilt zu werden, dabei sind alle aber auch super nett und helfen dir jederzeit, wenn du Hilfe benötigst. Und das Essen hier ist die Kirsche auf der Sahnehaube. Für mich war es hier das erste Mal original italienische napolitanische Pizza. Und es ist zu gut. Pasta, Risotto, Piadina, Focaccia, Pesto, Tiramisu und noch vieles weiteres. Das alles in einer Qualität und mit einem Geschmack, wie wir es in Deutschland nicht kennen und auch niemals haben werden. Vor dem weltweit bekannten riesigen Dom in Milano zu stehen, war auch etwas ganz Besonderes. Allein mit Freunden durch die Shoppingstraßen in einer der 3 größten Städte in Italien zu laufen, macht mich sehr froh, mich für den Austausch entschieden zu haben. An so einem Austausch kann man nichts bereuen. Über seinen Horizont hinauszuwachsen, aus seiner Komfortzone herauszukommen und bei diesem Programm mitzumachen ist wirklich sehr gut. Ich habe jetzt nur noch 11 Tage vor mir, und ich freue mich und bin traurig zugleich, dass die Zeit so schnell umgegangen ist und ich bald wieder Zuhause sein kann.
Elias Brockmann